Die Wahrheit über Cowboys: 7 weitverbreitete Irrtümer (2024)

Geschichte und Kultur

Cowboys gelten als Helden des Wilden Westens. Doch viele unserer Vorstellungen sind weit von der damaligen Lebensrealität entfernt. Diese überraschenden Fakten stecken wirklich hinter den Legenden und dem Mythos Cowboy.

Von Sarah Langer

Veröffentlicht am 26. Juni 2024, 13:53 MESZ

Die Wahrheit über Cowboys: 7 weitverbreitete Irrtümer (1)

Waren Cowboys wirklich so, wie sie heute in Büchern und Filmen dargestellt werden?

Foto von Adobe Stock / Surachai

Über Jahrzehnte hinweg haben Filme, Bücher und Bilder die Vorstellung von Cowboys geprägt, die tief in der U.S. amerikanischen Kultur verankert ist. Darstellungen zeigen oft weiße, coole Einzelgänger, die als unerschrockene Macher in einer rauen, ungezähmten Welt agieren. Dass diese idealisierten Bilder stark von der Realität abweichen und sie die vielfältige und oft überraschende Wahrheit hinter dem Mythos des Cowboys verbergen, rückt nur langsam in den öffentlichen Fokus.

Eine, die erst kürzlich auf bemerkenswerte Weise eine Debatte über den wahren Wilden Westen anstieß, ist die Pop-Diva Beyoncé: Ihr zuletz veröffentlichtes Album „Cowboy Carter“ löste eine Welle an Kritik aus. Eine afroamerikanische Sängerin, die sich am Hillybilly-Sound bedient – die Empörung in der Country-Szene war groß. Doch berechtigt war diese nicht. Die herbe Kritik auf das Album zeigte erneut, welch falsches Bild von Amerika besteht. Denn: bis zu einem Drittel aller früheren Cowboys waren schwarz, nicht weiß. „Beyoncés Nachhilfestunde ist jedoch nicht nur gelungene Reklame, sondern immer noch bitter nötig, denn im weißgewaschenen Bild von Country und Cowboys versteckt sich bis heute ein kultureller Rassismus“, schreibt der Stern über das Album.

Welche weiteren Irrtümer bestehen über die Welt der Cowboys? Hier werden weitere 7 Mythen aufgeklärt.

Irrtum 1: Cowboys waren hauptsächlich weiße Männer

Nur weiße Männer als Cowboys? Als ob!

Foto von Unsplash-Joel Muniz

Der vielleicht am weitesten verbreitete Irrtum lautet, dass den Job des Cowboys überwiegend weiße Männer machten. Tatsächlich aber stammten Cowboys aus verschiedenen kulturellen und ethnischen Hintergründen: Bis zu einem Drittel der Cowboys waren Schätzungen nach nicht weiß. Insbesondere afroamerikanische Sklaven, die nach dem Bürgerkrieg freigelassen wurden, entschieden sich für diesen angesehenen aber harten Beruf, den sie als eine Möglichkeit sahen, ein unabhängiges und freies Leben zu führen. Noch heute existiert eine eigene Schwarze Cowboy-Kultur mit Treffen oder Rodeos.

Ebenso bedeutend waren die Vaqueros, mexikanische Cowboys, die viele der Techniken und Traditionen entwickelten, die später von den amerikanischen Cowboys übernommen wurden. Die Vaqueros übernahmen eine entscheidende Rolle in der Ausbildung der ersten amerikanischen Cowboys und brachten ihnen Fähigkeiten wie das Seilwerfen (Lasso), Reiten und den Viehtrieb bei.

Auch indigene Amerikaner beteiligten sich an der Cowboy-Arbeit, da viele Stämme nach ihrer Umsiedlung gezwungen waren, sich den neuen wirtschaftlichen Realitäten anzupassen, besonders in der Nähe der Reservate.

Irrtum 2: Cowboys, die gesetzlosen Draufgänger

BELIEBT

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    Cowboys schossen den ganzen Tag nur mit ihrer Pistole durch die Gegend - falsch gedacht!

    Foto von Adobe Stock-Surachai

    Hollywood hat den Mythos des gesetzlosen und draufgängerischen Cowboys stark gefüttert. In Wirklichkeit waren die meisten Cowboys hart arbeitende Viehtreiber, deren Hauptaufgabe es war, Rinderherden zu hüten und über lange Strecken zu begleiten. Der Alltag eines Cowboys war oft anstrengend und gefährlich, aber nicht zwangsläufig gesetzlos. Natürlich gab es auch Outlaws und Schurken, aber diese waren eher die Ausnahme als die Regel.

    Auch der Wilde Westen an sich gilt in der Vorstellung als ein Ort grenzenloser Gesetzlosigkeit, wo Banditen und Revolverhelden Tag und Nacht wüteten. In Wahrheit war das Leben in vielen westlichen Siedlungen durch eine starke Gemeinschaft und lokale Gesetzeshüter geprägt. Sheriffämter, Büros von Marschalls und andere gesetzliche Institutionen sorgten in vielen Städten und Siedlungen für Recht und Ordnung. Gewalttätige Auseinandersetzungen waren zwar nicht unüblich, doch die meisten Menschen führten ein ruhiges, gesetzestreues Leben.

    Irrtum 3: Jeder Cowboy trug einen Revolver

    Der Style eines Cowboys: Stiefel, Lasso, Revolver: oder?

    Foto von Unsplash-JosephHershMedia

    Der heutige „Westernstil“, einschließlich bekannter Kleidungsstücke wie Stetson-Hüte und Cowboystiefel, hat seine Wurzeln in der praktischen Kleidung, die für die harten Bedingungen des Viehtreibens geeignet war. Diese Kleidungsstücke waren funktional: Der Stetson schützte vor Sonne und Regen, und die hohen Stiefel halfen, Dornen und Schlangenbisse abzuhalten. Darüber hinaus hatten Chaps (lederne Überhosen) die Aufgabe, die Beine vor Vegetation und bei Stürzen zu schützen. Das Tuch, das viele Cowboys um den Hals trugen, konnte als Staubschutz, zum Abwischen von Schweiß oder sogar als improvisiertes Verbandstuch verwendet werden. Diese funktionale Ausrüstung entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einem ikonischen Stil, der bis heute in Mode und Popkultur eine wichtige Rolle spielt.

    Revolver trugen jedoch die wenigsten Cowboys und sie setzten sich auch nicht alltäglichen Schießereien aus. Wenn sie Schusswaffen trugen, dann meist zum Schutz vor wilden Tieren oder Viehdieben. Die meisten Cowboys trugen stattdessen Messer oder einfache Werkzeuge bei sich, die sie im Alltag benötigten. Die berühmten Revolverduelle, wie sie oft in Westernfilmen dargestellt werden, waren eher die Ausnahme, als die Regel.

    Irrtum 4: Cowboys als heldenhafte Einzelgänger

    Lonesome Ranger: Das Leben eines Cowboys war oft einsam und anstrengend.

    Foto von Unsplash-John Kakuk

    Die romantisierte Vorstellung vom Leben der Cowboys hat wenig mit der Realität zu tun. In Wahrheit war das Cowboyleben eher eine Notwendigkeit für diejenigen, die wenig bis keine anderen beruflichen Möglichkeiten hatten. Der Job war hart, gefährlich und schlecht bezahlt. Viele Cowboys waren jüngere Männer ohne Besitz, die oft monatelang unterwegs waren und mit prekären Lebensbedingungen zu kämpfen hatten.

    Das Leben eines Cowboys war demnach alles andere als romantisch. Es war geprägt von harter körperlicher Arbeit, vielen Stunden im Sattel und extremen Wetterbedingungen: 12 bis 14 Stunden harte Arbeit am Tag, wenig Schlaf und einfache Mahlzeiten prägten ihren Alltag. Anstrengende Aufgaben, wie die Pflege und Einhegung des Viehs, das Reparieren von Zäunen und Unterkünften und das Hüten der Herden während monatelanger Viehtriebe zehrte an den Kräften. Die Witterungsbedingungen – von brütender Hitze und beißender Kälte, bis hin zu starkem Regen und Stürmen – machten die Arbeit noch schwieriger. Überdies litten sie auf den Trails unter mangelnder Hygiene und schlechter Ernährung, was oftmals Krankheiten und gesundheitliche Probleme zu Folge hatte.

    Irrtum 5: Indigene Völker als ständige Bedrohung

    Indigene Stämme waren keine Bedrohung für Cowboys - oftmals war es sogar umgekehrt.

    Foto von Unsplash-Andrew James

    In vielen Darstellungen des Wilden Westens werden die indigenen Völker als ständige Bedrohung für die Siedler und Cowboys dargestellt. Diese Sichtweise ist stark vereinfacht und verzerrt die Geschichte. Viele indigene Stämme lebten damals in friedlicher Koexistenz oder handelten mit Siedlern. Die Gewalt, die es gab, war oft eine Reaktion auf die aggressive Expansion der US-amerikanischen Siedler und das Vordringen in das traditionelle Stammesland. Die Beziehungen zwischen Siedlern und indigenen Völkern waren komplex und variierten von Region zu Region.

    Solch eine Darstellung der indigenen Völker als Feinde diente dazu, die koloniale Expansion zu rechtfertigen und verdrängte die vielschichtigen Realitäten gegenseitigen Handels und kulturellen Austauschs. Viele indigene Gemeinschaften leisteten bedeutenden Widerstand gegen Vertreibungen und Landraub, aber es gab auch zahlreiche Beispiele für Kooperation. Die traditionelle Lebensweise der indigenen Bevölkerung wurde durch staatliche Maßnahmen, Kriege und Epidemien stark beeinträchtigt.

    Irrtum 6: Cowboys sprachen nur Englisch

    Englisch war eine Sprache der Cowboys, doch sicherlich nicht die einzige

    Foto von Unsplash-Bailey Alexander

    Statt sich auf Englisch zu unterhalten, sprach ein erheblicher Anteil der Cowboys Spanisch - besonders im Südwesten der USA. Selbst der Begriff „Cowboy“ hat Wurzeln in der spanischen Sprache: Abgeleitet von „Vaquero“ (von „vaca“ – Kuh). Spanische Techniken und Begriffe prägten viele Aspekte der Cowboy-Kultur, einschließlich der Arbeitstechniken und der Ausrüstung. Spanischsprachige Cowboys und ihre Traditionen spielten eine zentrale Rolle in der Entwicklung dessen, was wir heute mit Cowboy-Kultur verbinden.

    Außerdem entwickelten die Cowboys eine eigene Sprache und einen Jargon, der ebenfalls viele spanische Einflüsse aufwies. Begriffe wie „rodeo“, „lariat“ und „chaps“ stammen aus dem Spanischen und verdeutlichen die starke Verbindung zu den Vaqueros. Diese spezifische Sprache half Cowboys, ihre Arbeit effizient zu erledigen und kommunikationsbedingte Missverständnisse zu minimieren. Zahlreiche Slangbegriffe und Ausdrücke spiegelten ihre einzigartige Kultur und ihren Alltag wider, wie etwa „buckaroo“ (abgeleitet von „Vaquero“) oder „maverick“ (ein ungezeichnetes Kalb).

    Irrtum 7: Es gab keine Cowgirls

    Das Cowboy-Dasein war ein reiner Männerjob? Absolut nicht, denn es gab genauso Cowgirls.

    Foto von Unsplash/Bailey Alexander

    Frauen, oft als „Cowgirls“ bezeichnet, spielten - entgegen aller Vorstellungen - eine wichtige Rolle in der Cowboy-Kultur. Sie arbeiteten auf Ranches, trieben Vieh und nahmen an Rodeos und Wildwest-Shows teil, wo sie ihre Fertigkeiten in Reitkunst und Schießen zur Schau stellten, und so zur Popularisierung und Legendenbildung des Wilden Westens beitrugen. Einige Frauen wurden zu Legenden, wie Annie Oakley, die durch ihre Schießkünste berühmt wurde. Frauen zeigten oft großen Mut und Geschick und übernahmen Aufgaben, die traditionell als männlich betrachtet wurden. In vielen Pioniersiedlungen und Ranches waren Frauen unersetzlich – sie führten Haushalte, erzogen Kinder und arbeiteten gleichermaßen hart auf den Feldern.

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